Vor dem Hintergrund von Vandalenakten und Sachbeschädigungen haben die Stimmberechtigten der Gemeinde Mosseedorf an der Gemeindeversammlung vom 25. Juni 2024 mehrere Änderungen des Polizeireglements genehmigt, darunter auch die Einführung des neuen Artikels 27 Polizeireglement unter dem Titel «Aufenthalt im öffentlichen Raum»:
«Art. 27
1 Kinder und Jugendliche unter 14 Jahren dürfen sich zwischen 22 Uhr und 6 Uhr nur in Begleitung ihrer Sorgeberechtigten oder berechtigter Aufsichtspersonen im öffentlichen Raum aufhalten.
2 Ausgenommen ist der Heimweg nach einem für Kinder zugelassenen Anlass wie Kino oder Sportveranstaltung.
3 Die Sorgeberechtigten können von den Polizeiorganen aufgefordert werden, die unter ihrer Obhut stehenden Kinder, die nach 22 Uhr im öffentlichen Raum angetroffen werden, vor Ort abzuholen. Sorgeberechtigte, welche einer solchen Aufforderung nicht nachkommen, können mit einer Busse bis CHF 100.00 bestraft werden.»
Verschiedene Beschwerdeführende reichten in der Folge am 18. Juli 2024 beim Regierungsstatthalteramt Bern-Mittelland eine Beschwerde ein und beantragten die rechtliche Überprüfung des betreffenden Artikels des Polizeireglements. Sie brachten zusammenfassend vor, das vorgesehene Ausgangsverbot stelle einen Eingriff in die Grundrechte und die Erziehungsfreiheit der Eltern dar. Das Verbot verstosse gegen die Verfassung des Kantons Bern und sei daher rechtswidrig.
Die Regierungsstatthalterin, Ladina Kirchen, stellt fest, dass das Ausgangsverbot für Kinder und Jugendliche unter 14 Jahren ab 22.00 Uhr einen Grundrechtseingriff in die Bewegungs- und Versammlungsfreiheit bedeutet. Sie kommt zum Schluss, dass dieses Verbot aus mehreren Gründen unverhältnismässig ist.
So ist die Massnahme weder geeignet noch erforderlich, um die öffentliche Sicherheit in der Gemeinde Moosseedorf zu gewährleisten. Vandalenakte und Sachbeschädigungen können genauso vor 22.00 Uhr oder von älteren Kindern und Jugendlichen verübt werden. Zudem gibt es mildere Mittel und Massnahmen, um Vandalismus und Sachbeschädigungen zu bekämpfen. So wäre beispielsweise die räumliche Beschränkung des Ausgangsverbots auf die von Sachbeschädigungen betroffene Schulanlage oder Aufklärungskampagnen eindeutig mildere Massnahme gewesen als ein sich auf den gesamten öffentlichen Raum und auf alle unter 14-Jährigen pauschal erstreckendes Verbot. Weiter können bereits heute unter der geltenden kantonalen Regelung allfällige ‘Störer’ unter gegebenen Voraussetzungen vorübergehend von einem Ort weggewiesen werden.
Nach Auffassung der Regierungsstatthalterin ist ein pauschales Ausgangsverbot, welches sich gegen sämtliche Personen unter 14 Jahren richtet, nicht das richtige Mittel, um die öffentliche Sicherheit und Ordnung in der Gemeinde zu gewährleisten. Zudem greift ein solches Ausgangsverbot für Kinder und Jugendliche nicht nur in deren Grundrechte der Bewegungs- und Versammlungsfreiheit ein, sondern tangiert auch ihr Recht auf Selbstbestimmung sowie die Förderung ihrer Entwicklung gemäss Art. 11 Bundesverfassung. Eine umfassende Interessenabwägung wurde seitens der Gemeinde nicht vorgenommen. Das Verbot wirkt pauschal.
Aus diesen Gründen hiess die Regierungsstatthalterin die Beschwerde gut.
Der Entscheid ist innert 30 Tagen an das Verwaltungsgericht weiterziehbar.